Hi Zusammen,
da es ja momentan wieder etwas ruhig ist, möchte ich euch die diese kleine Gruppe vorstellen. Fast auf den Tag genau vor 80 Jahren hat sich in der Nordsee ein Drama zweier deutscher Zerstörer, nämlich 'Leberecht Maaß' und 'Max Schultz' abgespielt, bei dem insgesamt 578 Besatzungsmitglieder beider Zerstörer, darunter der Matrose II Hermann Heuchele, auf See geblieben sind.
Doch hier die Geschichte dazu:
Hermann Heuchele wurde am 27.07.1920 in Pforzheim geboren.Am 11.07.1938 wurde er als Freiwilliger der Kriegsmarine zunächst beim „2. Admiral der Ostseestation“ angenommen. Nach verschiedenen Verwendungen beim RAD und einer Baukompanie war Heuchele vom 01.11.1939 bis 07.01.1940 Angehöriger der 5. Zerstörerflotille.
Ab 12.01.1940 wurde er als Matrose II auf dem Zerstörer „ Max Schultz“ von der 1. Zerstörer-Flotille eingesetzt.
„ Am 22. Februar 1940 im Verlauf eines Unternehmens gegen den Feind Geblieben“
So lautet die lapidare und nüchterne Eintragung auf Seite 24 des Wehrpaß, den die Eltern des Matrosen II, Hermann Heuchele, im März 1942 zusammen mit diversen Urkunden und einem kleinen gebundenen Bild- und
Textband der Kriegsmarine von der Dienststelle 'Führer der Zerstörer' zugeschickt bekamen.
Doch welche Unternehmung war das am 22.Februar 1940, bei dem Heuchele 'vor dem Feind geblieben war', da die erheblichen Personalverluste bei den deutschen Zerstörerveränden eigentlich erst bei dem Unternehmen
gegen Narvik eintraten.
Bei meiner ersten Recherche in dem 1964 erschienen Standardwerk von Hans Hildebrand über die Verbände und Einheiten der Deutschen Kriegsmarine ist vermerkt, dass die Zerstörer 'Max Schultz' und 'Leberecht Maass' am 22.02.1940 in der Nordsee nordwestlich Borkum infolge eines deutschen Luftangriffs gesunken waren.
Da ich dies zunächst nicht glauben konnte, recherchierte ich weiter und konnte folgendes über die damaligen Vorfälle des 22.Februar 1940 herausfinden:
Seit Beginn des Jahres 1940 hatte die deutsche Luftaufklärung zahlreiche britische Fischdampfer vor der 'Doggerbank' festgestllt. Nach übereinstimmender Meinung der Luft- und Seekriegsleitung wurden diese
Fischdampfer zu Aufklärungszwecken eingesetzt und sollten deshalb von von der Marine aufgebracht oder versenkt werden.
Diese Aufgabe fiel der 1.Zerstörerflotille mit den Zerstörern 'Friedrich Eckoldt', 'Richard Beitzen', 'Erich Köllnen', 'Theodor Riedel', 'Leberecht Maass' und 'Max Schultz' unter Führung des Flotillenchefs, Fregattenkapitän Fritz Berger auf dem Führungszerstörer 'Friedrich Eckoldt' zu, die am 22.02.1940 vormittags zum Unternehmen 'Wikinger' Richtung Doggerbank ausliefen.
Gegen 19.13 Uhr wurden von der Besatzung des Zerstörers 'Friedrich Eckoldt' Flugzeugmotorengeräusche wahrgenommen.
Wie sich später herausstellte, hatte eine HE 111 des KG 26 den deutschen Zerstörerverband gesichtet. Obwohl das anfliegende Flugzeug anhand der Hoheitsabzeichen eindeutig als eigene Maschine identifiziert wurde,
eröffnete die Bordflak des Zerstörers 'Erich Koellner' das Feuer auf die HE 111.
Da das KG 26 und somit auch die Besatzung der HE 111 nicht, wie sonst üblich, von dem Unternehmen 'Wilinger' durch die See- oder Luftkriegsleitung informiert worden war, vermutete die Besatzung einen britischen Zerstörerverband und begann um 19.44 Uhr einen Bombenangriff auf den in Kiellinie fahrenden Verband.
Hierbei wurde auf 'Leberecht Maass', welcher sich am Ende des Verbands befand, ein Treffer zwischen Brücke und vorderen Schornstein erzielt, worauf 'Leberecht Maass' nach Steuerbord aus dem Verband ausscherte.
Dabei wurde um 19.56 Uhr erneut eine heftige Explosion auf 'Leberecht Maass' festgestellt, worauf der Zerstörer in zwei Hälften zerbrach und zu sinken begann.
Während der nun einsetzenden Rettungsaktion durch 'Richard Beitzen' erfolgte um 20.04 Uhr erneut eine schwere Explison, diesmal auf 'Max Schultz', welcher sofort sank.
Da das deutsche Kampfflugzeug zwischenzeitlich abgeflogen war, nahm Fregattenkapitän Berger einen britischen U-Boot-Angriff als Ursache für die Versenkung von 'Max Schultz' an und befahl um 20.36 Uhr die
Rettungsmaßnahmen für die im Wasser treibende Besatzungen von 'Leberecht Maass' und 'Max Schultz' abzubrechen, um die verbliebenen Zerstörer nicht ebenfalls zu gefährden.
Der Verband lief dann ohne den Auftrag zu vollenden, nach Wilhelmshaven zurück.
Die Folge davon war vernichtend. Von der Besatzung des 'Leberecht Maass' konnten zu Beginn der Rettungsmaßnahmen durch 'Richard Beitzen' 60 Männer gerettet werden, 270 Mann blieben auf See. Von den 308 Männer des 'Max Schultz', darunter Hermann Heuchele, überlebte niemand.
Eine ausführliche Untersuchung der Ereignisse durch das Oberkommando der Luftwaffe und der Kriegsmarine folgte unmittelbar nach Rückkehr des Verbandes. Als Ergebnis wurde festgestellt, dass die verantwortliche
Marineleitung (Marinegruppenkommando West) versäumt hatte die Luftwaffe (X. Fliegerkorps) von dem Unternehmen 'Wikinger' zu unterrichten. Eine genaue Schilderung der Untersuchungen sind in der Geschwaderchronik des KG 26 "Achtung - Torpedo los" von Rudi Schmidt zu finden.
So wurde das Drama den Angehörigen verschwiegen und die Gefallenen nachträglich mit dem Zerstörer-Kriegsabzeichen posthum ausgezeichnet.
Die Urkunde von Heuchele zum Zerstörer-Kriegsabzeichen vom 25.06.1941, ist unterzeichnet von Kapitän zS, Erich Bey, 'Führer der Zerstörer'.
Der Vater von Heuchele erhielt dazu ein Begleitschreiben vom 01.06.1941 von Erich Bey, welches in der Gestaltung an das etwas bekanntere Schreiben über die Verleihung des Narvikschild und Zerstörer-Kriegsabzeichen für Narvik erinnert.
Mit Schreiben vom 01.03.1942 wurde die sog. Heldentodurkunde für Gefallene der Kriegsmarine an den Vater von Heuchele übersandt. Das Begleitschreiben auf stark holzhaltigen Papier.
Das blaue gebunden Büchlein mit Bildern befand sich ebenfalls bei dem Nachlass.
Nach Öffnung der Unterlagen der britischen Seekriegsleitung wurde bekannt, dass in der Nacht vom 9. auf den 10.01.1940 die beiden britischen Zerstörer 'Ivanhoe' und 'Intrepid' 120 Ankertauminen in dem o.a. Gebiet gelegt hatten. Obwohl der fragliche Seeraum bei einer stichpunktartigen Kontrolle durch deutsche Minensuchverbände am 29./30.01.1940 abgesucht wurde, wurden die britischen Ankertauminen nicht entdeckt. Möglich, dass der zu dieser Zeit herrschenden starke Seegang dies erschwerte.
Nachträglich kann also festgestellt werden, dass sowohl 'Leberecht Maas' als auch 'Max Schultz' nach Auflösen der Kiellinie und Ausscheren mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit Opfer dieser Ankertauminen
wurden, denn ein britisches U-Boot- war nachweislich nicht dort und die an Bord der HE 111 mitgeführten Bomben hätten nicht zur Versenkung beider Zerstörer ausgereicht.
Viel Spaß beim anschauen
Grüße Walle