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Nachlass Obergefreiter Georg Müller aus der 1. Kompanie / Jäger-Regiment 56 der 5. Infanterie- und Jäger-Division

  • Hallo Zusammen,


    vor nicht all zu langer Zeit konnte ich diesen Wehrpass für unser Archiv erwerben. Es handelt sich auf den ersten Blick um einen Standard-Wehrpass der 5. Jäger-Division mit den üblichen Eintragungen. Auf den zweiten Blick offenbart er doch das sehr tragische und ungewöhnliche Schicksal dieses jungen Soldaten.


    Georg Müller wurde am 2. März 1918 in Baldenhofen, im Kreis Wangen geboren und wuchs bei seinem Pflegevater, dem Schmiedemeister Josef Müller auf. Nach der Volksschule erlernte er wie sein Pflegevater den Beruf des Schmieds, legte die Prüfung ab und wurde im Anschluss sogleich 1938 zum Reichsarbeitsdienst herangezogen. Nach der Entlassung aus dem RAD arbeitete er bis zum 7. April 1940 weiter in seinem Beruf als Schmied, bevor er zur Infanterie-Panzer-Jäger Ersatz Kompanie 78 nach Friedeck im Protektorat zur Wehrmacht dienstverpflichtet wurde. Nach mehrmonatiger infanteristischer Grundausbildung bildete man ihn zum Beschlagschmied weiter aus, um eine berufsnahe Weiterverwendung zu ermöglichen. Große Teile der Deutschen Divisionen waren nicht motorisiert und Pferde spielten eine wichtige Rolle in den folgenden Feldzügen.


    Beste Grüße

    Bolgorby

  • Hier noch die Seiten mit den Einträgen zu seiner Schulbildung, seiner Zeit beim RAD und seiner Einstellung bei der Panzer-Jäger-Ersatz-Kompanie 78.


    Was mir erst heute noch aufgefallen ist - ein kleiner Satz auf der Seite 6 im Wehrpass:


    Entscheid bei der Aushebung zum aktiven Wehrdienst vom 17.07.1939:


    "Kavallerie-Regiment 18 / Reiter in Stuttgart"


    Aus dem Kavallerie-Regiment 18 aus Stuttgart / Bad Cannstatt bildeten sich in der Wehrmacht einige Aufklärung-Abteilungen. Darunter auch die Aufklärung-Abteilung 5, der 5. Infanterie- und Jäger-Division. Georg Müller wurde dort jedoch dann doch nicht eingezogen und kam zur Panzer-Jäger-Ersatz-Abteilung 78.


    Hier könnt Ihr die Geschichte bei meinem Freund Jürgen nachlesen:


    https://www.kavallerie-regiment18.de


    Beste Grüße

    Bolgorby

  • Nach seiner Grundausbildung bei der Infanterie-Panzerjäger-Ersatzkompanie 78, wo er neben dem Gewehr 98, der Pistole 08 auch an der 3,7cm PAK ausgebildet wurde, wird Müller zur 4. Kompanie, des Infanterie-Ersatz-Bataillons 238 kommandiert. Hier findet in den nächsten vier Wochen der Lehrgang als Beschlagsschmied statt. Nach Beendigung am 13. Oktober 1940 wird der junge Soldat dann zu seiner Feldeinheit, der Veterinär-Kompanie 5, der 5. Infanterie-Division versetzt. Diese befindet sich zu diesem Zeitpunkt an der Schweizerischen - Französischen Grenze, im Gexer Zipfel, und versieht Wachdienst an der Demarkationslinie.


    Es ist in diesem Augenblick sicherlich ein unbeschwertes und relativ schönes Leben. Der Frankreichfeldzug wurde erfolgreich beendet und die Anzahl der Gefallenen Soldaten und Pferde der Division hielt sich in Grenzen - keiner dachte an weitere Kriegshandlungen im Osten. Viele der guten Pferde der Division waren noch aus der Friedenszeit der Regimenter und Batterien vorhanden und die Verbindung von Mensch und Tier war sehr eng.


    Ein ehemaliger Soldat hatte mir einmal erzählt: "Bevor die Pferde nicht versorgt waren, war für uns kein Feierabend in Sicht. Hier wurde von den Vorgesetzten sehr darauf geachtet... Zuerst kam das Pferd und dann der Mensch....."


    Beste Grüße

    Bolgorby

  • Im April 1941 befand sich die Division dann nach der Verlegung aus Frankreich, im südlichen Ostpreussen, im Lager Mlawa. Vor dort aus begann am 22. Juni 1941 auch für die Veterinär-Kompanie 5 des jungen Oberschützen Georg Müller der Ostfeldzug. Am 1. Juli 1941 zum Gefreiten befördert, verblieb Müller bis zum 16.03.1944 bei der Veterinär-Kompanie 5 als Schmied. Unterbrochen wurde diese lange Zeit bei seiner Einheit nur durch einen Beschlagschmiedlehrgang vom 1. März 1943 bis zum 30. April 1943 bei der Heereslehrschmiede Berlin I - sicherlich ein Höhepunkt seiner bisherigen Zeit bei der Wehrmacht. Nach seiner Rückkehr fand er wieder Verwendung in seiner alten Einheit und kümmerte sich dort um die vielen Pferde der Division. Die 5. Jäger-Division hatte die harten Kämpfe am Ilmensee überstanden und kämpfte im Jahr 1943 im Mittelabschnitt der Ostfront wieder an den Brennpunkten der Heeresgruppe Mitte. Neben den Soldaten hatten auch die Pferde in den vergangenen Monaten viel zu ertragen. Kälte, Verwundung und Krankheiten forderten viele Opfer auch unter den Vierbeinern. Die Veterinärkompanie 5 hatte alle Hände voll zu tun, die vielen kranken Pferde zu versorgen und gesund zu pflegen.


    Beste Grüße

    Bolgorby

  • Georg Müller war nun fast dreieinhalb Jahre bei der Veterinär-Kompanie 5, als sich im März 1944 für ihn alles ändern sollte. Die Division befand sich seit geraumer Zeit im Mittelabschnitt der Ostfront und hatte die ersten schweren Kämpfe um Witebsk hinter sich gebracht, als sie Anfang März in einen Bereitstellungsraum westlich Orscha verlegt wurde.


    Hier erfahren die Soldaten über das anscheinend unaufhaltsame Vordringen der Russen bis tief in die Westukraine. So kommen bedrückende Gedanken auf. In den Aufzeichnungen eines Kommandeurs in der 5. Jäger-Division vom 8. März 1944 stehen folgende Sätze:


    Quote

    "..... Hier ist das weißruthenische Land, flachwellig, weiße Schneestreifen auf braunen Feldern, Wälder, Dörfer in dem altrussischen Holzstil, dichte Besiedlung, am Horizont Dorf an Dorf. Ist das der "leere Raum" für uns im Osten? Keineswegs..... Leider wird dieser Raum auch nicht mehr zu halten sein. Wir hatten uns übernommen: Eine Zwangsläufigkeit der politischen Bewegung: immer größer und immer mehr "Steigerungen", nie im Gleichgroßen bleiben und erhalten, sondern immer "kämpfen". Dann von der Größe des russischen Raumes verlockt, genarrt, überwältigt. War nicht zu halten, denn die Unermesslichkeit des russischen Raumes war im weiten Hintergrund auch mit einer Unermesslichkeit der Kräfte erfüllt. Was wird Stalin tun, wenn wir an der Grenze von 1941 stehen?....


    Wenn diese Worte in die falschen Hände gefallen wären, hätten diese den Offizier den Kopf kosten können.....


    Aber zurück zu Georg Müller.....


    Mitte März wird Georg Müller nach so langer Zeit von seiner Veterinär-Kompanie 5 abberufen und zur 10. Kompanie im Jäger-Regiment 56 versetzt. Die Infanterie-Regimenter sind nur noch ein Schatten ihrer selbst. Manche Kompanien sind auf wenige Mann zusammengeschmolzen und es wird dringend Ersatz gebraucht. Hierzu werden die Versorgungs- und Trosseinheiten durchkämmt und reduziert um die schwer angeschlagenen Jäger-Regimenter für die neuen Angriffe zu stärken. Diese Soldaten sind meist ältere Jahrgänge und nicht gerade fronterfahren.


    Die Lage im März 1944 stellt sich folgendermaßen dar:


    Durch das große "Wehrmachtsloch" am Südflügel der Heeresgruppe Mitte schiebt der Russe unaufhörlich neue Verbände vor. Er hat große operative Möglichkeiten gegen die Flanken und den Rücken der deutschen Fronten sowohl bei der Heeresgruppe Süd als auch der Heeresgruppe Mitte, zu der wir gehören. So ist begreiflich, dass russische Kräfte von Süden her, im Anmarsch auf Brest-Litowsk gemeldet werden. Sie haben Kowel eingeschlossen und den Pripjet in breiter Front nach Nordwesten überschritten. Das Ziel für die 5. Jäger-Division ist klar: Den feindlichen Kräften nach Südosten entgegenzumarschieren und diese zurückzuschlagen. Ein eingeschlossenes Sicherungsbataillon zu befreien und Kowel zu befreien.....


    In den folgenden Monaten wird Georg Müller in verschiedenen Kompanien des Jäger-Regiments 56 eingesetzt und nimmt vom 11.6.1944 bis zum 12.06.1944 sogar nochmals an einem Pferdeentgiftungslehrgang teil. Wahrscheinlich ist er auch in den Jäger-Regimentern noch als Schmied tätig.


    In seinem Wehrpass ist dann noch unter den Ausbildungen ein Eintrag vermerkt:


    1.9.44 bis zum 27.11.1944 Beschlagschmied


    Hier scheint er dann nochmals an einem Lehrgang der 1. Kompanie / Jäger-Regiment 56 teilgenommen zu haben.

  • Zu diesem Zeitpunkt, im November 1944, herrschte am Frontabschnitt der 5. Jäger-Division eine trügerische Ruhe. Die Division befand sich hier im Raum Ostenburg und wartete auf den befürchteten Großangriff der Roten Armee. Dieser wurde auf Weihnachten 1944 oder Januar 1945 vorhergesagt....


    Georg Müller beendete am 27.11.1944 seinen Lehrgang laut Wehrpass. Dann am 28.11.1944 geschah das Unfassbare. Der Obergefreite Georg Müller wurde am 28.11.1944 mit einer Methylalkohol -Vergiftung zur 1. Kompanie der Sanitätsabteilung 5 gebracht und verstarb noch am selben Tag an deren Folgen. Was war hier nur geschehen? Hatte er mit seinen Lehrgangs- Kameraden die Beendigung des Lehrgangs gefeiert? Hatte er mit den Kameraden der 1. Kompanie im Jäger-Regiment 56 das Wiedersehen gefeiert? Wir können nur mutmaßen aber wissen tun wir es nicht.....


    Georg Müller starb in Oldaki und ruht heute auf dem Volksbundfriedhof in Mlawka.


    ENDE

  • Danke für die Vorstellung.

    Er ist also nicht im Kampf gefallen, wie viele seiner Kameraden.

    Wobei ich denke, das es sich eher um einen tragischen Unglücksfall handelt, auch wenn er den "Stoff" sicher bei einem Saufgelage bekommen hat.

    In dieser Zeit/Situation wurde bestimmt jede Gelegenheit genutzt, um dem allen zu entkommen, wenn auch nur für ein paar Stunden.

    Und er hatte eben das Pech, den falschen Alkohol im Glas zu haben.


    Gruss, anhaltiner.

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