Hallo zusammen,
heute ich stelle Euch den Nachlass des Gefreiten Karl Hans Heidinger aus Elversberg.
Karl Hans Heidinger wurde am 18. Dezember 1922 in Elversberg (Saarland) als Sohn von Mathias und Elisabeth geboren. Er arbeitete als Anstreicher.
Dezember 1940 wurde er als Dienstpflichtiger gemustert und als kriegsverwendungsfähig. Er diente dann beim RAD im Gebiet des Westwalles bis den 10. Oktober 1941. Karl wurde dann zur Artillerie-Ersatz-Abteilung (mot.) 70 in Niederlahnstein versetzt, wo als Fernsprecher und an der Kanone K18 10 cm. ausgebildet.
Am 20. Mai 1942 kam er zum Feldersatz-Bataillon 140 der 22. Panzer-Division aber wurde er nach 4 Tage schwer verwundet durch Bombensplitter am rechten Oberschenkel und Kopf. Karl blieb bis den 22. April 1943 in einem Reservelazarett.
Nach seiner Genesung fand er eine ruhigere Tätigkeit und wurde nach Frankreich versetzt. Jetzt diente er beim Heeres-Abnahmeinspizient Frankreich, das in Toulouse eingesetzt war. Die Aufgabe dieses Amtes bestand darin, die von der örtlichen Industrie hergestellten Waffen und Ausrüstungen zu testen und zu validieren.
Im Sommer 1944 wurde die Lage der deutschen Truppen in Frankreich kritisch. In der Normandie hatten die alliierten Einheiten die Initiative ergriffen und waren rasch vorgerückt, während am 15. August amerikanische Einheiten in der Provence gelandet waren (Operation Anvil-Dragoon). Daraufhin wurde die Evakuierung der französischen Territorien angeordnet. Karls Einheit rückte von Toulouse nach Deutschland zurück, während des Rückzuges wurde seine Einheit in der Nähe von La Teil von französischen Partisanenverbänden angegriffen.
Am 23. August 1944 kam es in der Gegend von La Teil zu zahlreichen Gefechten zwischen deutschen Verbänden und dem Maquis. An den Tag 4 französische Partisanen wurden in Le Teil gefangen genommen und sofort erschossen und auch Karl starb «etwa 10 km von Bregs/Rhone» [eventuell Saint-Andéol-de-Berg oder Villeneuve-de-Berg].
Der Einsatz der Partisanenverbände in der Gegend von La Teil war in jenen Tagen beträchtlich: zahlreiche Brücken wurden zerstört, um den Rückzug der Wehrmacht zu verlangsamen oder zu stoppen, und schließlich wurden etwa 3.800 Gefangene gemacht und mehr als die Hälfte der Wehrmachtssoldaten stammte aus den Sowjetrepubliken.
Der Hauptmann Adolf Kramer schrieb im November 1944 an die Familie, um Karls Schicksal mitzuteilen. Dann auch Reinold Düster, ein Kamerad von Karl, schrieb einen Brief an die Familie und er versuchte den Schmerz der Familie zu lindern.
Reinolds Briefe:
5. November 1944.
Liebe Familie Heidinger!
Ich erhielt Ihre Zeilen von 14.I. aus M.-Gladbach nach Mühleim / Ruhr nachgeschickt und kann so erst heute Ihrem Wunsche nachkommen.
Ich wünsche zwar, nicht diese Zeilen an Sie schreiben zu müssen. Aber man kann nie wissen, was Karl (wie uns noch) be*stände, wenn es nicht so gekommen wäre. Er ist so jäh aus unserer Mitte gerissen worden. So schnell ging es, dass er selbst nicht gemerkt hat: er erhielt plötzlich aus dem Hinterhalt von Terroristen einen Schuss in dem Rückgrat, oberhalb des Gesäßes, verlor sofort das Bewusstsein und starb 3 Minuten später, ohne dass der Arzt, der sofort zur Hand war, es hindern konnte.
So hat er nicht gelitten, sondern ist, für ja selbst unverhofft, aus einem Leben geschieden, das er in Toulouse, als lustig und heiter genommen hat. Schlimmer wäre es denn er 4 Jahre lang in Osten leidend, frierend und hungernd gekämpft hätte und dann durch eine schwere Verwundung langsam gestorben wäre. Ich selbst wohnte in Toulouse im Hotel als Zimmernachbar von ihm, habe fast nur Freude mit ihm zu teilen brauchen und war auch mit seit der Absetzt am 19.8. vom Toulouse mit
ihm zusammen.
Dass er nun als der Einzige von uns Fünf, die wir uns zusammen zurückschlugen, deren glauben musste, ist so traurig, dass ich es manchmal nicht glauben will.
Aber, liebe Familie Heidinger, vielleicht hat er von uns Allen den besten Teil erhalten. Wer weiß, wo er jetzt stecken würde und nach einer entbehrungsschieden und strapazenharten Zeit verbluten müsste. So ist er jung, froh und gesund aus einer Zeit, deren letzten Teil er schön fand und glücklich verbrachte, schmerzlos und ohne, dass er es merkte, geschieden.
Ihm selbst hat es nicht weh getan. Behalten Sie dies!
Nur Ihnen fügt es gewissen Schmerz zu. Denken Sie jetzt nur daran, welch‘ lieber Kerl er war, dass er Ihnen Freude gemacht hat und dass es ihm jetzt gut geht. Das ist ohne Zweifel! Lebte er, Sie hätten, - wenn auch mit Freude, sagen Sie mir jetzt – Sorgen und Ungewissheit, wo er steckte, wie es ihm ging.
Danken Sie nicht an Ihren Schmerz, sondern dass er ruhig, wenn auch in fremder Erde, in Le Teil an der Rhone, gefallen für sein Vaterland am 23.8.1944, liegt. Seine Kameraden bewahren ihm das beste Andenken. Das ist sicher, weil wir ihn bald so gerne hatten, wie sie Ihn als Mutter und Vater.
Er wurde ordnungsgemäß begraben, wenn auch ohne äußerliche Feierlichkeiten. Dafür war die innere Haltung der auswesenden Kameraden feierlich.
Wenn ich Ihnen noch irgendetwas schreiben soll, fragen Sie, ich werde Ihnen gerne antworten.
Ihnen als Eltern spreche ich meine herzliche Teilnahme aus. Ich grüße Sie, Ihnen für die Zukunft
Gutes wünschend
Reinold Düster
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Karls Leiche ist bis heute auf keinem Kriegsfriedhof begraben, seine Grabstätte ist wahrscheinlich nach dem Krieg verloren gegangen.