Guten Morgen, liebe Sammlerfreunde,
heute stelle ich euch den tragischen Nachlass eines jungen Grenadiers vor, der in Italien gefallen ist.
Ludger August Brockmann wurde am 27. Mai 1924 in Hausdülmen (Dülmen, Münster) geboren. Seine Eltern waren Klemens Brockmann und Anna Möllen, die im Jahr 1936 starb. Sein Vater war Weichenwärter von Beruf. Er besuchte die Volksschule und später die Berufsschule. Er arbeitet als Landwirtschaftsgehilfe.
Am 11. Februar 1942 wurde er gemustert und als kriegsverwendungsfähig erklärt. Im Dezember wurde Ludger beim Grenadier-Ersatz-Bataillon 39 eingestellt, später in Füsilier-Ausbildungs-Bataillon 39 umbenannt, und erhielt er seine Grundausbildung. Die Einheit unterstand der Division 156 und stationierte in Düsseldorf.
Im März 1943 wurde Ludger zum Grenadier-Regiment 880 versetzt, das dann in das Grenadier-Regiment 578 der neu aufzustellende 305. Infanterie-Division umbenannt wurde. Das Regiment blieb bis Juli in Bretagne und dann verlegte es an die französische Riviera und unterstand der italienische 4. Armee. Hier schickte Ludger eine Postkarte von Ventimiglia seiner Familie
Im August wurde die Division im Hinblick auf die Umsetzung des Falls „Achse“ nach La Spezia verlegt: bereits im März 1943 war die Absicht Italiens dem OKW bekannt, aus dem Krieg auszutreten. Der Kommandeur der Division, Wilhelm Hauck, schrieb nach dem Krieg: «im großen wussten wir, was im „Fall Achse“ zu tun war. Gegen 2 Uhr nachts kam der Befehl des Korps, Spezia zu besetzen, die italienischen Stäbe und Truppen im Divisionsbereich zu entwaffnen und die Flotte zur Waffenruhe aufzufordern» (Hauck, Eine Deutsche Division in Russland und Italien, s. 115).
Das Grenadier-Regiment 578, Oberst d. R. Wildermuth, erhielt den Befehl die italienischen Einheiten von Rapallo bis Sestri Levante zu entwaffnen und ein Lager mit gefangenen Engländern bei Chiavari zu übernehmen. Die Entwaffnung der italienischen Einheiten wurde planmäßig durchgeführt. Am 11. September erhielte die Division den Befehl zur Verteidigung im Küstenabschnitt Magramündung – Viareggio und Livorno. Das Grenadier-Regiment 578 übernahm den Abschnitt Forte die Marmi – Viareggio. Hier verlief die Zeit ganz ruhig für die Einheiten der 305. Infanterie-Division und sie nutzten diesen Zeitraum für Übungen und die Ausbildung von spezialisiertem Personal.
Am 26. September 1943 schrieb Ludger seiner Familie einen Brief:
«Ihr lieben Daheim,
Herzlichen Grüße aus dem Süden, sendet euch allen Ludger. Wie ich aus Tina und Agnes ihren Brief erfahren habe, sind ihr alle noch gesund und munter. Dieses kann ich euch von mir auch noch mitteilen. Ich habe mich gefreut über die beiden Briefe. Wie ich schon immer gemerkt habe, schreiben Mädchen doch lieber wie Jungens. Wenigstens bei euch. Die anderen werden ja auch wohl keine Zeit haben in der Kartoffelernte. Bei euch wird ja wohl besseres Wetter sein als hier. Die letzten Tage hat es viel geregnet. Fliegeralarm wars die letzten Tage auch. Der Tommi kommt. Dann mit Geschwadern herüber. Hat aber hier noch keine Bomben abgeworfen. Das Volk ist dabei ängstlich.
Dann geht bei Jenen alles im Dauerlauf. In dem Haus, wo wir liegen, gefällt es uns schon ganz gut. Die Leute sind freundlich zu uns. Man fühlt sich wohler als im Zelten zwischen die Bergen. Hoffentlich werden wir nicht anderswo hingeschickt. Viel besonderes zum Essen haben die Leute hier auch nicht. Makkaroni ist die Hauptsache. Das sind die dicken Nudeln aus Mais. Mein Morgen hat sich seit dem Urlaub immer noch gut gehalten. Ebenso der Geist und das Portmonee. Trotzdem das Geld hier keine Rolle spielt. Wir bekommen jetzt unseren vollen Sold wieder ausgezahlt. Man kann hier noch einige gut brauchbare Sachen kaufen.
Nur dass man nichts abschicken kann, im Urlaub fährt ab und zu einer. Jetzt will ich schließen in der Hoffnung, dass euch dieser Brief in der besten Gesundheit und guter Laune antrifft. Bei mir ist alles in bester Ordnung.
Es grüßt euch allen recht herzlich besonders heuten am Sonntag euer Sohn und Bruder Ludger»
Am Anfang Oktober wurde endlich die Division nach Süden (Cassino) verlegt und unterstellte dem Oberbefehlshaber Süd. Ludgers Kompanie fuhr am 12. Oktober im Eisenbahntransport von Empoli nach Aquino.
Die Einheiten der 10. deutschen Armee gaben die Barbara-Linie auf und begannen sich unter Nachhutgefechten auf die neuen Stellungen der Bernhard-Linie zurückzuziehen. Währenddessen bezog die 305. Infanterie-Division Stellung an dieser neuen Verteidigungslinie, wobei die 26. Panzer-Division aus diesem Abschnitt herausgelöst wurde. Am Anfang November kam zu den ersten Gefechten gegen die Alliierten bis den 10. des Monats.
Der Divisionskommandeur Wilhelm Hauck schrieb in seinem Buch
«Im Abschnitt der 305. Division trat zunächst Ruhe ein. Die Division sperrte jetzt der amerikanischen 34. Division die Straße von Colli über San Biagio ins Becken von Atina, und zwar mit dem Gr. Rgt. 577 auf dem Monte Pantano und mit dem nördlich anschließenden II./578 am Paß Cerasuolo Vecchio. Das I./578 verband in 10 kimoleter langer Sicherungslinie über das hohe Gebirge hinweg diese südliche Gruppe der Division mit dem verstärkten Gr. Rgt. 576 im Sangrotal. Dem I./578 stand bei Castel San Vincenzo der Südflügel der britischen 5. Division gegenüber, die zur britischen 8. Armee gehörte». (Hauck, Eine Deutsche Division in Russland und Italien, s. 144-145)
Am 22. November 1943 schrieb Ludger einen Brief.
«Ihr Lieben
Da ich gerade Gelegenheit habe, mähte ich euch ein paar Zeilen. Bin noch gesund und munter, welches ich ja auch noch von euch allen hoffe. Genau so wie ich auch über meinen Brief gefreut habt, hatte ich Freud über die Post. Die ich gestern erhielt, hauptsächlich von meiner Schwester Tine, die ja immer so treu schreibt. 3 Briefe, 2 älterer und der Brief 2 und die Karte von Agnes mit ihrem Blendo. Dass Gustav unsere Gute Nachbar gefallen ist, ist ja ein sehr schwerer Schlag für die lieben Hinterbliebenen.
Aber wieviel Opfer hat den Krieg schon gefordert und vielleicht noch kommen. Egal ob hier an der Front oder bei in die Heimat. Die Bilder von damals kann ich auch leider nicht schicken. Bei dem durcheinander im Industriegebiet sind sie sicher eingegangen. Hier hat keiner von uns welche. Hätte schon bald vergessen, dass wie Hubert auch geschrieben hat. Aber den Kreisheimatsbrief habe ich mich auch gefreut; jetzt will ich schließen. Höchstens mehr. Es grüßt recht herzlich allen, Ludger
Dass Gustav gefallen ist kann ich immer [unlesbar] dass ich früher immer mit zusammen vor unseres erlaubt war»
Ludger fiel am 23. November 1943 westlich Pizzone, wahrscheinlich in Monte San Michele. Am 27. November schrieb der Oberleutnant Wilhelm Krebber zur Ludgers Vater:
«Ich muss Ihnen die traurige Mitteilung machen, dass Ihr Sohn Ludger am 24. November 1943 bei den Kämpfen in Süditalien gefallen ist.
Ihr Sohn gehörte zu einer Gruppe, der als Stützpunkt auf eine Höhe zu Verteidigung eingesetzt war. Obwohl die Kämpfe in unserem Abschnitt bisher ruhig verliefen, setzte in den letzten Tagen heftiges Artillerie-Feuer ein. Als am 24. des Mittags erneut schwere Feuerüberfälle auf unserem Stellungen lagen, wollte es das Schicksal, dass ein Volltreffer in den Wohnbunker ging, in dem Ihr Sohn mit 3 weiteren Kameraden lag. […]
Gestern haben wir Ihr Sohn mit den beiden anderen Kameraden zusammen zur ewigen Ruhe getragen. Sein Grab liegt etwas 3 Kilometer westlich des Städtchens Castel San Vincenzo in den südlichen Abruzzen.»
Ludger wurde 1.500 Meter südlich Westausgang Michele-Schlucht (Castel San Vincenzo) bei seinem Kameraden begraben.
Zwischen November und Dezember 1943 schrieb Ludgers Schwester Agnes mehrere Briefe ohne einen Antwort zu bekommen. In der von 8. Dezember 1943 sie schrieb:
«Voriges Jahr auf diesen Tag bist du morgens weggegangen zum Militär. Wirst heute schon wohl oft dran gedacht haben. Wenn so das andere Jahr auch so schnell herum geht, und du dann wieder gesund nach Hause kommt geht es ja immer noch. Wir wollen immer das Beste hoffen».
Diese und die anderen Briefe wurden zurückgeschickt: «Empfänger gefallen für Großdeutschland».
Im folgenden Jahr traf ein weiterer Trauerfall die Familie Brockmann: Ludgers Bruder Hubert starb wegen Diphterie in Marine-Lazarett Drontheim. Er diente bei der Luftwaffe in Flak-Abteilung 823 (v).


