Heute möchte ich gerne über eine besondere Erfahrung berichten, die ich im Oktober 1988 erlebt habe. Der genaue Tag ist mir nicht mehr bekannt.
Ich befand mich geschäftlich in Berlin. Mit Kollegen fuhren wir an der alten Italienischen Botschaft - daneben auch die alte Japanische Botschaft - in der Tiergartenstraße vorbei. Die Italienische Botschaft wurde zwischen 1939 und 1941 erbaut. Im Krieg wurde sie von Bomben getroffen und nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der Angliederung von West Berlin konnte nur der Westflügel von der Republik Italien, der das Gebäude und das Grundstück gehört, als Generalkonsulat eröffnet werden (siehe Fotos). Die Front des alten Gebäudes (Ostflügel), die beschädigt war, wurde nach dem Krieg zugemauert und blieb 40 Jahre verschlossen.
Nun wollte es der Zufall, dass ich während meines Vorbeifahrens im Oktober 1988 ein Eingangsloch sah, das in den zugemauerten Haupteingang der alten Boschaft gebrochen war. Natürlich hielt ich unverzüglich an und näherte mich dem Gebäude. Die "Ordner" dort waren relativ seltsame Gestalten. Einer trug einen zu großen Norwegerpullover und machte auf mich einen sehr "alternativen" Eindruck.
Die Nachfrage zur Öffnung ergab, dass der Senat von Berlin und die Italienische Republik beschlossen haben sollen, die alten Räume der Botschaft der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Selbstverständlich ging ich hinein und zückte meine Pocketkamera, die leider nur noch sechs freie Bilder angab.
Diese Bilder möchte ich Euch hier nun nicht mehr vorenthalten. Die Liktorienbündel in Marmor sind dabei nicht zu übersehen. Das blaue Gemälde im Hintergrund ist zur "Rechtfertigung" der sogenannten "Ausstellung" nachträglich hinzugefügt worden. Weitere Kenntnisse und Angaben dazu habe ich nicht. Interessant war - neben den allgemeinen Räumlichkeiten - die Unberührtheit der Botschaft nach 40 Jahren, also seit 1945.
Die Puppen sind - nach Auskunft der anwesenden Ordner - Bestandteile der Sammlung der Gattin des Botschafters von vor 1945, die sizilianische Puppen gesammelt haben soll.
Auf einer Tür stand ein Schild "Fundus". Mit allem mir zur Verfügung stehenden Charme habe ich einen "Ordner" überredet, mir einmal diese Tür zu öffnen. Dabei stieß ich auf vehemente Zurückhaltung, konnte aber dennoch die Öffnung der Tür, nicht aber ein Betreten des Raums, erwirken. In dem Raum standen hauptsächlich die Büromöbel - überwiegend Schreibtische - der alten Botschaft. Ich erkannte unzählige herumliegende Dokumentenstapel und eine Mussolinibüste. Nach bekundetem Interesse, den Raum betreten zu wollen, wurde die Tür leider wieder verschlossen mit dem Hinweis, dass diese Nebenräume nicht zur "Ausstellung" gehören würden.
Interessant ist auch die fotografierte Tür. Das Schild in italienischer Sprache dort sagt aus:
"Auswärtiges Amt
Betreuungsdienst für in Deutschland internierte Militärangehörige
BETREUUNGSABTEILUNG
Sanitätssektion
Der Abteilungsleiter"
Diese Begehung hat bis heute einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen.
Da ich beruflich in den 1980er Jahren viel mit Italien zu tun hatte, bot sich mir wenige Monate später die Gelegenheit, mit Seiner Exzellenz dem Botschafter der Republik Italien in Bonn über meine Erfahrung zu sprechen. Seine Antwort habe ich so in Erinnerung: "Hören Sie mir bitte auf mit dieser Öffnung in Berlin, die hat mich schon genug Nerven gekostet."
Mehr habe ich über diese Umstände der Öffnung nie in Erfahrung bringen können. Auch nicht, was mit dem Inventar und den Unterlagen geschehen ist. Sie waren auch seinerzeit extraterritorial und sind somit Eigentum der Italienischen Republik.
Heute ist das gesamte Gebäude sehr aufwendig und edel restauriert worden. Im Internet finden sich hierzu viele Hinweise. Derzeit ist die von Bonn nach Berlin umgezogene Botschaft der Republik Italien dort - standesgemäß - eingezogen. Jeder, den ich kenne, der diese Botschaft nach der aufwendigen Renovierung einmal besucht hat, ist begeistert von der schönen Architektur und Einrichtung.
Hat jemand Erkenntnisse über diese Öffnung, die nun 22 Jahre zurückliegt?
Gruß
Gustav